Keine „Silber-Nanopartikel“ in den Fischen des Mondsees

Jetzt ist endlich die erste wissenschaftliche Publikation zur Untersuchungen der Silber-Nanopartikel im Mondsee veröffentlicht worden. Sie ist in der Fachzeitschrift „Science oft he Total Environment“ herausgekommen. Dieses zweijährige Forschungsprojekt wurde von der Universität Innsbruck durchgeführt. Federführend für den Mondsee war Univ. Doz. Dr. Josef Wanzenböck. Da es möglicherweise nicht ganz einfach ist, den wissenschaftlichen Text in allen Einzelheiten nachzuvollziehen, legte Herr Dr. Wanzenböck noch eine Aussendung bei, die sich bemüht das Wesentliche kurz darzustellen. Diese wird hier veröffentlicht.

Was passiert mit Silbernanopartikeln nach ihrer Passage durch die Kläranlage im Mondsee?
Über einen Zeitraum von zwei Jahren untersuchten WissenschafterInnen der Universität Innsbruck im Zuge des internationalen Forschungsprojektes FENOMENO den Eintrag von Silbernanopartikelnüber die Kläranlage in den Mondsee. Es wurde angenommen, dass sich Silbernanopartikel über die Nahrungskette anreichern was letztlich zu erhöhten Konzentrationen im Gewebe von Fischen führt. Grafische Darstellung der Untersuchung im Projekt FENOMENO, Grafik: R. Vogt

 

Der Einsatz von Nanopartikeln wurde in der Vergangenheit meist als zukunftsträchtige und innovative Methode beworben. Nanosilber zum Beispiel wird wegen der antimikrobiellen Wirkung in Sportfunktionskleidung eingesetzt um den Schweißgeruch zu verringern. In der Bauindustrie werden Nanopartikel in Fassadenfarben zugemischt, um die damit bearbeiteten Flächen
witterungsbeständiger zu machen. Nanopartikel sind mit weniger als 100 Nanometer etwa 1000 Mal dünner als ein menschliches Haar und können daher leicht in Zellen eindringen. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass körpereigene Barrieren wie die Blut-Hirn- und Plazenta-Schranke keinen Schutz vor Nanopartikeln bieten. Bei jeder Wäsche und über Regensammelkanäle gelangen diese winzigen Partikel in die Kläranlagen und anschließend mit dem gereinigten Abwasser in unsere Gewässer. Wissenschaftlich fundierte Informationen zum gesundheitlichen Risiko und dazu was mit den Nanopartikeln im Gewässer passiert, wurden in der Bewerbung aber weitestgehend verschwiegen. Am Mondsee wird das durch strenge Kontrollen gereinigte Wasser direkt in den See geleitet, was ihn für das Projekt FENOMENO zum idealen Modellsee machte. Als Referenz wurde der nördlicher gelegene Irrsee ausgewählt, der nicht durch eine Kläranlage beeinflusst wird und in den Mondsee entwässert.
Wasserproben aus dem Zu- und Ausfluss der Mondseer Kläranlage, Wasser- und Sedimentproben aus unterschiedlichen Entfernungen von der Kläranlageneinleitung und Klärschlammproben wurden in acht Sammelkampagnen zwei Jahre lang zu allen Jahreszeiten entnommen und auf Silbernanopartikel und Gesamtsilber untersucht. Parallel dazu wurden Gewebeproben aus Leber,
Kiemen, Niere, Magen- und Muskelgewebe von geangelten Fischen aus Mondsee und Irrsee auf die Anwesenheit von Nanopartikeln untersucht.
„Für die Analyse der Wasser- und Sedimentproben kam eine neue, modifizierte, besonders sensitive Methode, die „Einzelpartikel-Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma“, zum Einsatz, mit der bereits geringste Spuren von Silber festgestellt werden können, so wie sie im Freiland vorkommen. Zusätzlich wurden die histologischen Schnitte aus den Fischproben mittels
Dunkelfeldmikroskopie kontrolliert, um Silbernanopartikel aufzuspüren,“ erklärt Roland Vogt, der seine Doktorarbeit im Rahmen dieses internationalen Projekts gemeinsam mit Partnern aus Deutschland und Portugal durchführt.
Durch die besonders sensitive Einzelpartikelmessung konnten Silbernanopartikel im Zufluss und um 90% weniger im Ausfluss der Kläranlage nachgewiesen werden. „In den Fischproben konnten wir aber keine Silbernanopartikel nachweisen, was besonders die Gastronomie freuen wird,“ bestätigen Josef Wanzenböck und Dunja Lamatsch, die die Doktorarbeit wissenschaftlich betreuen. Auch im Seewasser wurden keine Silbernanopartikel gefunden. Mit Hilfe einer weniger sensiblen Methode zum Nachweis des Gesamtsilbergehaltes konnten Stellen gefunden werden, wo sich, trotz der verschwindend geringen Belastung durch Nanopartikel, Silber anreichert. Silber findet man vor allem im Klärschlamm und im Seeboden neben der Ausleitung der Kläranlage in den See. Im übrigen Seeboden, bis zu 6 km von dieser Stelle entfernt, war Silber immer noch in Spuren nachweisbar. Die Silberablagerungen im Sediment des Mondsees sind zurzeit noch
kein Problem für das Ökosystem, da die gemessenen Konzentrationen um ein Vielfaches geringersind als jene, bei denen in toxikologischen Studien negative Effekte auftraten. Im Zuge einer weiteren Anreicherung im Sediment kann aber ein künftiges Risiko nicht ausgeschlossen werden.

Originalpublikation:
Vogt R., Mozhayeva D., Steinhoff B., Schardt A., Spelz B. T. F., Philippe A., Kurtz S., Schaumann G. E., Engelhard C., Schönherr C., Lamatsch D.K., Wanzenböck, J. (2019). Spatiotemporal distribution of silver and silver-containing nanoparticles in a prealpine lake in relation to the discharge from a wastewater treatment plant, Science of the Total Environment 696: 134034

Fachliche Rückfragen:
Univ. Doz. Dr. Josef Wanzenböck
Universität Innsbruck
Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee
Mondseestrasse 9,
5310 Mondsee
josef.wanzenboeck@uibk.ac.at
0512507 50239
Aussendung:
Dr. Sabine Wanzenböck
Universität Innsbruck
Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee
Mondseestrasse 9,
5310 Mondsee
sabine.wanzenboeck@uibk.ac.at